Lewandowski jagt jetzt die Bestmarke eines Kölners

Lewandowski jagt jetzt die Bestmarke eines Kölners

Der Starstürmer des FC Bayern befreit sich mit zwei Toren gegen Schalke aus seiner Mini-Krise. Jetzt kann Lewandowski etwas schaffen, was seit den 70er-Jahren keinem Bundesliga-Stürmer mehr gelang.

Sein größter Fan hat schwarz lackierte Fingernägel und fasst ihm fasziniert auf den nackten Oberkörper. Anna Lewandowski trainiert mit ihrem Mann Robert regelmäßig zu Hause in ihrem Fitnessraum, und nach dem Training neulich tastete sie das Sixpack des Stürmerstars des FC Bayern ab und machte ein Selfie davon. Strahlend streckt sie darauf die Zunge raus, als würde sie sagen wollen: Wow! Lecker!
Das Training mit seiner Gattin hat Lewandowski offenbar geholfen. Der 27-Jährige ist körperlich in perfekter Verfassung und war beim 3:0 (0:0) des deutschen Fußball-Rekordmeisters gegen den FC Schalke 04 Samstagabend im Topspiel der Bundesliga der entscheidende Mann, schoss das 1:0 (54.) und 2:0 (65.) und beendete damit seine "Mini-Krise".
Es waren seine ersten Treffer nach 390 Minuten, nach rund vier Wochen. Das ist für die meisten Stürmer keine besonders lange Zeit. Für Lewandowski schon. Er hat mit seinen vielen Treffern und seiner enormen Quote selbst dafür gesorgt, dass bei ihm nach wenigen Spielen ohne Tore sofort von "Torflaute" gesprochen wird und es mit dem Minuten-ohne-Tor-Zählen früher losgeht als bei seinen Kollegen.

Wochen der Entscheidungen stehen an

Nicht nur bezüglich der Treffer auf dem Spielfeld lief es für Lewandowski zuletzt nicht rund. Eine Phase mit "kleinen Problemen" nennt er es. Mehr sei das nicht gewesen. "Das war natürlich keine Krise. Du kannst nicht die ganze Saison treffen. Man muss Geduld haben. Für mich war es eine ruhige Woche, weil ich in der Champions League nicht gespielt habe. Wir haben in der ersten Halbzeit gegen Schalke ein bisschen zu langsam gespielt. In der zweiten haben wir es besser gemacht. Jetzt fühle ich mich wieder gut, und ich hoffe, dass wir die nächsten Spiele gewinnen", sagt der Stürmer.
Für die Bayern war es gegen schwache Schalker der zehnte Sieg nach einer Partie in der Königsklasse in Folge. Sie erwartet in den kommenden Wochen ein intensives Programm: Dienstag empfangen sie im Halbfinale des DFB-Pokals Werder Bremen, Samstag spielen sie in der Bundesliga bei Hertha BSC, Mittwoch darauf im Hinspiel des Halbfinals der Champions League bei Atletico Madrid.
Es sind Wochen der Entscheidungen. Wochen, die darüber entscheiden, ob es eine gute Saison für die Münchner ist. Wochen, in denen sie Lewandowski in Topform brauchen. Im Verein sind daher alle froh, dass der Pole ein Wochenende hinter sich hat, das ihm Selbstvertrauen gibt. Ein Wochenende, das zeigt, wie wichtig er für den Tabellenführer ist.

Gomez letzter Bayern-Torschützenkönig

Bereits sieben Mal hat Lewandowski für die Bayern das 1:0 geschossen oder geköpft – der höchste Wert der Bundesliga. In 30 Spielen hat er nun bereits 27 Treffer erzielt. Seine Chance, die Torjägerkanone zu gewinnen und sich im Kampf um diese gegen Borussia Dortmunds Offensivstar Pierre-Emerick Aubameyang durchzusetzen, sind groß. Sollte er am Ende der Saison auf 30 oder mehr Treffer kommen, wäre dies etwas sehr Besonderes: Der Letzte, dem dies gelang, war in der Saison 1976/1977 Dieter Müller vom 1. FC Köln. Er kam auf 34 Tore.
Lewandowski hat sich die Auszeichnung bereits einmal gesichert, 2013/2014 schoss er für seinen ehemaligen Klub Borussia Dortmund 20 Tore. Der bislang letzte Bayern-Spieler, der es zum Torschützenkönig schaffte, war 2010/2011 Nationalstürmer Mario Gomez mit 28 Treffern, er spielt inzwischen für Besiktas Istanbul.
Lewandowski hat in der aktuellen Spielzeit 37,5 Prozent der Bundesliga-Tore der Bayern erzielt und sagt: "Ich hoffe, ich kann noch ein paar Tore schießen. Aber ich mache mir keinen Druck." Die 40-Tore-Bestmarke vom Gerd Müller (1971/72) wird er in dieser Saison wohl eh nicht toppen können.
Guardiola hat offensichtlich erkannt, wann Lewandowski Pausen guttun. Wann sie ihn anstacheln. Als er seinen Torjäger im September des vergangenen Jahres gegen den VfL Wolfsburg draußen ließ, erzielte Lewandowski nach seiner Einwechslung innerhalb von neun Minuten fünf Tore, die Bayern gewannen nach 0:1-Rückstand 5:1.
Lewandowski verhält sich nach seiner überraschenden Pause in Lissabon äußerst professionell. Zwar gibt er zu, dass er nicht zufrieden sei, "wenn ich auf der Bank sitze und meinen Kollegen zuschauen muss". Zeigt aber auch Verständnis für Guardiolas Maßnahme. "Jeder Spieler will jedes Spiel spielen, aber das ist unmöglich. Du kannst nicht alle drei Tage hundert Prozent geben in einer Saison. Manchmal ist es vielleicht auch gut, mal zu stoppen und dann neu Gas zu geben", so der Starstürmer.

"Wir schreiben Bayern-München-Geschichte"

Guardiola war mit der Leistung Lewandowskis Samstag natürlich zufrieden. Mit der seiner Mannschaft allerdings nur sehr eingeschränkt. In der ersten Halbzeit sei diese gar nicht richtig auf dem Platz gewesen, das habe ihm nicht gefallen, und das müsse für das Pokalspiel gegen Bremen eine Lektion für seine Spieler seien. "Ich bin ein bisschen traurig über unsere Leistung", so Guardiola.
Den Bayern fehlte in dieser Phase der Spielrhythmus, die Mannschaft wechselte selten das Tempo und hatte wenig Ideen gegen die defensiven Schalker. Mit einem Großteil der zweiten Halbzeit und dem Sieg sei er aber zufrieden, "wir haben in der Liga einen großen Schritt nach vorn gemacht".
Es ist nur noch fraglich, wann die vierte Meisterschaft der Bayern in Folge perfekt ist. So oft hintereinander hat noch kein Klub den Titel gewonnen. "Wir schreiben Bayern-München-Geschichte. Und ich hoffe, dass wir die Finals erreichen können", sagt Guardiola.
In den vergangenen zwei Jahren schieden die Bayern in der Champions League jeweils im Halbfinale aus, und die frühe Entscheidung in der Meisterschaft wurde im Nachhinein als Grund für einen Spannungsabfall bezeichnet. Das soll in dieser Spielzeit anders laufen. "In meinem ersten Jahr hier haben wir die Bundesliga vergessen. Vergangene Saison hatten wir nicht den Kader. Jetzt sind wir dort, wo wir vergangenes Jahr waren", so Guardiola.

"Arturo muss auf dem Boden bleiben"

Gegen Schalke schonte der Katalane Thomas Müller und Thiago, Joshua Kimmich und Franck Ribéry wechselte er nur für die Schlussphase ein. Arturo Vidal hingegen spielte erneut von Beginn an und war nicht nur wegen seines 3:0 (73.) mit Kapitän Philipp Lahm einer der besten Bayern. Weltmeister-Torwart Manuel Neuer lobt Vidal nach dem Sieg gegen Schalke als Weltklasse-Spieler.
Auch Guardiola schwärmt von der aktuellen Form und der Erfahrung des Chilenen, warnt aber auch: "Arturo muss jetzt auf dem Boden bleiben." Vidal hatte in dieser Saison auch schon schwache Phasen, ist in den vergangenen Wochen aber immer wieder einer der entscheidenden Spieler.
Sonntag ließ Guardiola seine Mannschaft locker trainieren, er und die Spieler gratulierten Innenverteidiger Medhi Benatia zum 29. Geburtstag und begannen mit der Vorbereitung auf das Pokalspiel gegen Werder. Lewandowski betont: "Die wichtigste Phase der Saison kommt jetzt. Wir müssen alles geben, was wir haben."
Das erwartet Atletico Madrid im Halbfinale Für Marc-André ter Stegen und den FC Barcelona ist der Traum von der Titelverteidigung in der Champions League geplatzt. Der spanische Meister verlor das Viertelfinale bei Atletico Madrid 0:2.